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Patenschaften und Mentoring brauchen nachhaltig ein stabiles Fundament

Bundesfamilienministerin Dr. Schröder und die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Prof. Dr. Böhmer laden zu einem Kongress 19. und 20. März in Berlin. Patenschaften und Mentoring sind das Ehrenamt der Stunde. Etwa 50.000 Freiwillige, fünfzig Mal mehr als noch vor zehn Jahren, widmen sich bundesweit derzeit einem benachteiligten Kind oder Jugendlichen. Ihr Einsatz zeigt: Die Bürgergesellschaft tut etwas für Bildung und Teilhabe. Doch die Projekte und Vereine, die dieses Engagement organisieren, arbeiten unter prekären Bedingungen, mit befristeten Förderungen und knappen Mitteln. Bundesfamilienministerin Dr. Schröder und die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Prof. Dr. Böhmer, signalisieren: "Patenschaften brauchen Partnerschaften".

Dazu erklären sechs regionale Netzwerke, unter anderem das Patenschaftsnetzwerk Halle und weitere einschlägig engagierte Akteure: "Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen sich entscheiden, ob sie künftig die Potenziale nutzen wollen, die nachweislich in Patenschaften und im Mentoring liegen. Sollen mehr Heranwachsende davon profitieren, sollen sich mehr Menschen dauerhaft engagieren, dann muss ein Umdenken stattfinden. Statt wie derzeit immer neue Projekte aneinanderzureihen, braucht es eine nachhaltigere Infrastruktur.

Bewährte Angebote sollten längerfristig abgesichert und personell ausreichend ausgestattet werden. Zudem sollte es auf regionaler und auf Länderebene dauerhaft geförderte Netzwerk- und Mittlerstrukturen geben, die ein koordiniertes Zusammenwirken und eine gemeinsame Qualitätssicherung gewährleisten. Andernfalls wird die Mentoring-Bewegung, die gerade in Fahrt gekommen war, ins Stocken geraten."

Zur Lage der Paten- und Mentoren-Angebote in Deutschland

Immer mehr Erwachsene engagieren sich für ein nicht-verwandtes Kind oder Jugendlichen. Nach Schätzungen sind derzeit 50.000 Freiwillige bundesweit aktiv – etwa fünfzig Mal soviel wie vor zehn Jahren. Ob als Schülerpate, großer Freund oder Job-Mentor, sie helfen bei Hausaufgaben, organisieren einen Ausflug oder unterstützen die Suche nach einem Ausbildungsplatz.

Die Bürgergesellschaft will also Verantwortung übernehmen und ihren Teil zu Bildung, Teilhabe und Integration beitragen. Wie diverse Studien bestätigen, gelingt dies vor allem mit einer Ressource, die in vielen Familien ebenso wie in Kitas und Schulen knapp ist: mit viel Zeit und persönlicher Zuwendung.
Allerdings befindet sich die Szene in einer widersprüchlichen Lage: Einerseits sind die Förder-Beziehungen beliebter und anerkannter geworden; bei Freiwilligen und Familien ebenso wie bei päd. Einrichtungen, Stiftungen, Wirtschaft und Politik. Die Zahl der Projekte wächst, und die Vielfalt der Zielgruppen und der Träger beweist, wie flexibel das Instrument eingesetzt werden kann.

Projektitis: Prekäre Rahmenbedingungen zum Nachteil der Förderbeziehungen


Doch gleichzeitig steht die Arbeit der Paten- und Mentoren-Projekte auf wackligen Beinen. Die Projekte sind in der Regel nur befristet finanziert. Den Koordinatoren werden - gemessen an der komplexen, oft unterschätzten Aufgabe und der wachsenden Nachfrage - häufig unzureichende Stundenbudgets zugestanden. Schwierige Bedingungen, um Qualitätsstandards einzuhalten, obwohl die Forschung längst bestätigt hat, wie entscheidend eine gute Praxis für die Wirksamkeit der Förderbeziehungen ist.

So erweist sich der neue Hoffnungsträger alles andere als nachhaltig aufgestellt. Die ersten Angebote müssen schon wieder schließen, obwohl sie sich bewährt hatten, obwohl gerade viel Vertrauen bei Freiwilligen und Nutzern aufgebaut wurde. Vieles spricht dafür, dass das Vermitteln, Begleiten und Qualifizieren von Mentoren- und Paten-Tandems eine Daueraufgabe ist. Nur in einer Probephase ist eine kurzfristige Begrenzung sinnvoll.

Mentoring ist eine Daueraufgabe

Bislang haben es nur einige wenige Akteure geschafft, das eigene Angebot über Jahre zu verstetigen, mit Projektförderungen und dank Spenden aus Wirtschaft und Gesellschaft. Insofern wird sich in den nächsten Jahren entscheiden, ob Paten- und Mentoren-Angebote ein vorübergehenden Phänomen bleiben – oder aber zu einem wichtigen Instrument zur Förderung von Bildung und Zusammenhalt werden.

"Patenschaften brauchen Partnerschaften" heißt deshalb zu Recht der Slogan, mit dem die "Aktion zusammen wachsen", eine Serviceeinrichtung des Bundesfamilienministeriums und der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, ihren Bundeskongress am 19. und 20. März in Berlin einläutet. Um dem Mentoring-Ansatz eine breitere Wirkung zu verschaffen, braucht es koordiniertes Zusammenwirken und wechselseitige Unterstützung.

Forderungen: Mentoring als verlässliches Angebot der Bürgergesellschaft sichern


In den letzten Jahren haben sich in vielen Regionen Netzwerke gebildet, in denen sich einschlägige Projekte und Vereine zusammengetan haben, um in einen fachlichen Austausch zu treten und die Potenziale des Tandem- Prinzips zu vermitteln. Aus der Sicht dieser Netzwerk-Organisationen und weiterer einschlägig engagierter Akteure sind einige Maßnahmen zwingend erforderlich, um die Mentoring-Bewegung so zu stärken, dass die Potenziale der Förderbeziehungen langfristig in vielen Kontexten lebendig werden können:

Alle aktuellen Förderer und potenziellen Geldgeber sollten überlegen, in welcher Form Mentoren- und Paten-Projekte mittel- und langfristig finanziert werden können. Dabei sollten Modelle geprüft werden, die eine Mischfinanzierung mit Mitteln von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft vorsehen.

Nur mit einer längerfristigen Perspektive können Projekte die Stärken von Patenschaften und den Nutzen von Mentoring am besten zur Geltung bringen. Statt immer neue kurze Projekte auszuprobieren, die ihr Angebot erst mühsam etablieren müssen, um es dann bald wieder zurückzubauen, sollten eher diejenigen dauerhaft unterstützt werden, die sich bereits bewährt haben.

Damit eine verlässliche Kooperation mit anderen Akteuren entstehen und die Qualität der Paten- und Mentoren-Angebote sich weiterentwickeln kann, sind auf regionaler und auf Länderebene langfristige Netzwerk- und Mittlerstrukturen aufzubauen, etwa nach den erfolgreichen Vorbildern in den USA oder in England, wo diese Einrichtungen die Mentoring-Bewegung maßgeblich vorangebracht haben.

Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung vom 18.03.2013 von: Denkwerkstatt JugendMentoring e.V., Netzwerk Berliner Kinderpatenschaften e.V., Mentor-Institut e.V. (i.G.), Netzwerk Familienpaten Bayern, Mentor.Ring Hamburg e.V., Netzwerk Patenschaften Hessen, Netzwerk AusbildungsPatenProjekte NRW, Patenschaftsnetzwerk Halle, Patenschaften aktiv e.V.